Thema der Woche
Rom beschwört neue Eurokrise herauf
Eigentlich war es ein Vorgang mit Ansage. Nachdem die Regierungsparteien in Rom bereits im Wahlkampf das Azurblaue vom Himmel herab versprochen hatten, verschuldet sich Italien im kommenden Jahr weiter. Entgegen den Warnungen ihres eigenen Finanzministers Giovanni Tria (parteilos) setzten die Vizepremiers Di Maio und Salvini für 2019 eine Neuverschuldung von 2,4% durch. Diese Entscheidung bejubelten die beiden als „historischen Tag“. Der Finanzminister hatte dagegen die Neuverschuldung auf 1,6% des Bruttoinlandsprodukts beschränken wollen.
Schulden des Landes bleiben „explosiv“
Damit ist Rom auf dem besten Weg, eine neue Eurokrise heraufzubeschwören. Denn die Schulden des Landes bleiben „explosiv“, wie EU-Kommissar Pierre Moscovici die fehlende Etatdisziplin in Italien gerügt hat. Daher lehnen die Euro-Partner den Haushaltsentwurf aus Rom ab. Italien müsse einen nachhaltigen und glaubhaften Budgetentwurf vorstellen, sagte Eurogruppen-Chef Mario Centeno nach einem Treffen der Finanzminister des Währungsraums in Luxemburg. Dafür lässt man dem Land nun Zeit bis Mitte Oktober. Die Märkte haben jedoch bereits verdeutlicht, was sie von diesen Plänen halten. So kletterte die Rendite zehnjähriger Staatspapiere aus Italien in der Spitze auf ca. 3,45%, was den höchsten Stand seit März 2014 darstellt. Am Devisenmarkt wertete der Euro um 0,4 % auf 1,1531 Dollar ab. Nun droht auch eine Herabstufung der Bonität Italiens durch die großen Ratingagenturen, was die Finanzierung des Landes noch teurer machen würde. So hat Moody’s bereits angekündigt, sich im Laufe des Monats noch speziell zum Rating Italiens zu äußern. Inzwischen hat die Regierung in Rom zwar verlauten lassen, dass man nun bis 2021 einen Defizitabbau auf 1,8% plane. Den Renditen italienischer Staatsanleihen hat das zwar etwas genutzt (aktuell bei ca. 3,32%), aber der Euro notiert inzwischen sogar unter der Marke von 1,15 USD.
Rom verfügt über Erpressungspotential
In Brüssel hat man zwar kein Interesse an einem Konflikt mit Italien. Aber man will auch nicht zulassen, dass ein Land die Regeln so provokant verletzt. Rom dürfte sich allerdings seines Erpressungspotentials gegenüber der EU bewusst sein, die im Falle von Griechenland ja schon einmal ein Land vor der Pleite gerettet hat. Allerdings gilt Italien, welches das drittgrößte EU-Land ist, als unrettbar.
Italien ist mit 132% des BIP oder 2,3 Billionen Euro so hoch verschuldet wie kaum ein anderes Land der Welt. Die Maastricht-Kriterien erlauben aber nur eine Gesamtverschuldung von 60% der Wirtschaftsleistung. Italien ist daher verpflichtet, langfristig seine Schulden zu reduzieren.
Nervosität an den Märkten gestiegen
Nachdem bereits die großzügigen Wahlversprechen die Kapitalmärkte in Unruhe versetzt hatten, ist nun die Nervosität weiter gestiegen. Sowohl die Kurse italienischer Staatsanleihen als auch die Aktien an der Mailänder Börse gaben zwischenzeitlich massiv nach. Gegen den Willen des eigenen Finanzministers und der Kritik aus Brüssel will die populistische Regierung in Rom stärker investieren und kostspielige Wahlversprechen umsetzen. Mit den weiteren Schulden wollen die Regierungsparteien im Rom, die Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Lega, teure Steuersenkungen und ein Bürgereinkommen realisieren.
Zu allem Überfluss hatte sich auch noch Claudio Borghi, Wirtschaftsexperte der rechten Lega, zu Wort gemeldet und erneut die Rückkehr Italiens zur Lira als Königsweg gefordert. Zur Beruhigung der Märkte werden solche Wortmeldungen sicherlich nicht beitragen und auch die anschließende Zusicherung, dass Italien nicht aus dem Euroraum austreten wolle, war dazu nicht geeignet.
Märkte honorieren Macrons Reformeifer
Nicht gerade erfreulich sind in diesem Zusammenhang Nachrichten aus Frankreich, wo Präsident Emmanuel Macron mit dem Haushaltsentwurf 2019 vor allem erreichen will, dass sich „Arbeit lohnt“. Daher werden die privaten Haushalte um 6 Mrd. € entlastet und die Unternehmen um 20 Mrd. €. Allerdings dürfte das Haushaltsdefizit auf 2,8% des BIPs steigen, obwohl die EU eine jährliche Reduzierung vorsieht. Außerdem liegt Frankreichs Schuldenstand mit 99% des BIPs deutlich über der Maastricht-Schwelle von 60%.
Der Markt bewertet im Falle von Frankreich allerdings den Reformeifer von Macron positiv, weshalb die Risikoaufschläge auf französische Staatsanleihen recht konstant bleiben. So rentieren 10J-Frankreich-Bonds aktuell mit ca. 0,85%, was gegenüber vergleichbaren deutschen Staatsanleihen einem Renditeabstand von ca. 0,4 PP entspricht.
Klaus Stopp, Head of Market Making Bonds der Baader Bank