Regierung in Rom auf Abwegen
Was sich derzeit in Italien zusammenbraut, verheißt nichts Gutes. Nachdem die drittgrößte Volkswirtschaft in Europa noch vor Kurzem einen Konjunkturschub von einem Prozent prognostiziert hatte, steuert das Land nun auf ein Nullwachstum zu, wie Wirtschaftsminister Giovanni Tria bereits gewarnt hat. Damit wird das geplante Neuverschuldungsziel von 2,04% des BIPs verfehlt. Stattdessen wird das Budgetdefizit auf ca. 2,40% steigen, worüber Rom lange mit Brüssel gestritten hatte. Bekanntlich will die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega mit dem höheren Haushaltsdefizit eine kostspielige Rentenreform und neue Sozialleistungen bezahlen. Vor diesem Hintergrund bewertet der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, Konflikte mit Italien als ein viel größeres Risiko für die europäische Wirtschaft als einen harten Brexit. Schließlich würde sich eine tiefe Rezession in Italien auch auf Deutschland - als einen der wichtigsten Handelspartner des Landes - auswirken.
Defizit droht noch höher auszufallen
Und im schlimmsten Fall kann das Defizit noch höher ausfallen. Zumal die OECD bereits heute befürchtet, dass die Wirtschaftsleistung des Landes in diesem Jahr sogar um 0,2% schrumpfen wird und die Schuldenquote auf 134% ansteigen könnte. Nicht von Ungefähr forderte jüngst EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der Regierung in Rom zusätzliche Kraftanstrengungen, um die schwächelnde Konjunktur anzukurbeln. Denn sonst läuft das Land Gefahr, bei der nächsten Rezession in größere Schwierigkeiten zu geraten – und würde damit natürlich auch die EU vor Probleme stellen.
Populisten wollen von eigenen Versäumnissen ablenken
Hierbei zeigt sich zum wiederholten Male, dass die in Rom regierenden Populisten gerne andere Institutionen - wie in diesem Falle die EU - zum Sündenbock machen, um von den eigenen Versäumnissen abzulenken. Dabei gäbe es genügend vor der eigenen Haustür zu kehren. Ein zentraler Punkt sind hier die italienischen Banken, die nicht nur milliardenschwere faule Kredite mit sich herumschleppen, sondern auch noch italienische Staatsanleihen im Volumen von ca. 400 Mrd. € in den Büchern haben. Dies birgt die Gefahr in sich, dass bei fallenden Kursen die kriselnden Banken entsprechende Abschreibungen vornehmen müssen. Derzeit beträgt der Renditespread italienischer Bonds im Zehnjahresbereich ca. 252 BP gegenüber deutschen „Bunds“ – Tendenz wieder leicht steigend.
Damoklesschwert eines Downgrades
Und über allem schwebt das Damoklesschwert eines Downgrades der Kreditwürdigkeit des Landes. Erst im März hatte die Ratingagentur Moody’s die Bonität Italiens mit „Baa3“ gerade noch im Bereich „Investment Grade“ belassen. Damit liegt die Bonitätsnote des Landes nur eine Stufe über dem sogenannten Ramschbereich. Unter anderem sollen neue günstige Langfristkredite der EZB den Absturz in Richtung Non-Investment Grade verhindern.
Daher hängt viel davon ab, ob es dem Land gelingt, internationale Investoren und Ratingagenturen von seiner Kreditwürdigkeit zu überzeugen. Ein vernünftiges Sparprogramm, gekoppelt mit weitreichenden Reformen, würde hier sicher helfen. Allerdings scheint die Regierung in Rom gerade auf Abwegen, also in eine ganz andere Richtung, unterwegs zu sein.
Trump untergräbt Unabhängigkeit der Fed
Was mancher Beobachter anfangs vielleicht nur als Sticheleien eines unbeherrschten Präsidenten wahrgenommen hat, entpuppt sich inzwischen als handfeste Mobbing-Kampagne gegen Jerome Powell. Nachdem D. T., der Unberechenbare, seinen eigenen Notenbank-Chef wiederholt kritisiert hatte, will Donald Trump nun das oberste Führungsgremium der Fed mit willigen Helfern besetzen, die ihm seine Wünsche erfüllen sollen. Denn Trump fordert von der Fed niedrigere Zinsen, um neben einem wirtschaftlichen Aufschwung ihm auch seine Wiederwahl zu ermöglichen. Diese Unterstützung hat Powell, der standhaft an der Unabhängigkeit der Notenbank festhält, dem Präsidenten aber bisher vehement verweigert.
Willige Helfer sollen es für D. T. richten
Und einfach aus dem Amt jagen, lässt sich Powell, dessen Vertrag bis 2022 läuft, auch nicht. Also plant D. T., den siebenköpfigen Gouverneursrat mit seinem Wahlkampfberater Stephen Moore und Ex-Präsidentschaftskandidat Herman Cain zu besetzen. Beide mögen wissen, wie man vor Trump buckelt, aber scheinen nichts von Geldpolitik zu verstehen, so dass selbst einige republikanische Senatoren avisiert haben, deren Ernennung zu blockieren.
Glaubwürdigkeit ist das höchste Gut jeder Notenbank
Die Tatsache, dass eine unabhängige Notenbank entscheidend zum Vertrauen beiträgt, das eine Volkswirtschaft bei großen Investoren genießt, scheint Trump zu ignorieren oder nicht zu kennen. Dabei sollte der US-Präsident einmal in die Türkei blicken, wo Recep Erdogan ähnlich selbstherrlich die Notenbank gängelt. Die negativen Folgen für die türkische Lira sind hinreichend bekannt. Es ist manchmal gut, dass es noch Marktmechanismen gibt, die auch von Autokraten nicht einfach wegbefohlen werden können. Denn sollte Trumps Plan aufgehen und die Fed würde tatsächlich wider besseren Wissens einen expansiveren Kurs in der Geldpolitik einschlagen, so würde sich dies negativ auf den US-Dollar und das Vertrauen globaler Investoren auswirken. Schließlich ist die Glaubwürdigkeit das höchste Gut einer jeden Notenbank.
Draghi warnt
Aus diesem Grunde ist es auch nicht verwunderlich, dass Mario Draghi die politischen Angriffe auf die Unabhängigkeit der Fed kritisierte. In dasselbe Horn stieß zusätzlich noch die IWF-Chefin Christine Lagarde, als sie betonte, dass die Unabhängigkeit der Notenbanken in der Vergangenheit gute Dienste geleistet habe und es hoffentlich auch künftig tun werde.
Deutschland profitiert von Chinas Schuldenpolitik
Auch wenn man die Richtigkeit der Zahlen aus Peking oftmals anzweifelt, so beeinflussen sie dennoch die Finanzmärkte. Nach den gestrigen Daten legte Chinas Wirtschaft im 1. Quartal mit +6,4% einen unerwartet starken Start ins Jahr 2019 hin. Auch die Industrieproduktion konnte gegenüber dem Vorjahr um 8,5% gesteigert werden und war damit mehr als zwei volle Prozentpunkte höher als erwartet. Steuersenkungen und andere Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft seitens der Regierung in Peking zeigten also durchaus Wirkung.
Finanzminister lehnt Konjunkturspritzen ab
Von derartigen Konjunkturprogrammen will Olaf Scholz allerdings nichts wissen. So wies der Finanzminister Forderungen von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank, wonach Deutschland mehr Investitionen tätigen solle, um die Wirtschaft anzukurbeln, zurück. Vielmehr bekräftigte Scholz die Haltung der Bundesregierung, weiterhin einen Haushalt ohne Schulden („schwarze Null“) anzustreben. Dies soll trotz einer von der Bundesregierung von 1,0% auf 0,5% reduzierten Wachstumsprognose auch für dieses Jahr gelten. Dabei könnte das stabile Wachstum in China ja wie ein kleines Konjunkturprogramm für die deutsche Wirtschaft wirken, die mit am meisten von dem Aufschwung im Reich der Mitte profitieren dürfte.
Hohe Risiken durch hohe Schuldenberge
Deutschland ist damit Nutznießer einer fragwürdigen Wirtschaftspolitik in China, die zwar kurzfristig das dortige Wachstum voranbringen mag. Langfristig aber entfernt sich das Land weiter von dem Ideal einer reduzierten Schuldenlast und der Korrektur struktureller Verzerrungen. Und so warnt die Industriestaatengruppe OECD vor langfristigen Risiken für Chinas Wirtschaft durch milliardenschwere staatliche Konjunktur-Anschubhilfen. Die Ratingagentur Standard & Poor's hat bereits auf eine riesige Schuldengefahr von umgerechnet 5,3 Bill. € in den chinesischen Provinzen hingewiesen. Diese Strategie birgt hohe Risiken, die auch Deutschland nicht egal sein können. In Anbetracht der Tatsache, dass China ca. ein Viertel zum Weltwirtschaftswachstum beiträgt, können diese hohen Risiken von keinem der Handelspartner - auch nicht von Deutschland - ignoriert werden.
Griechenland will umschulden
Auch nach diversen Hilfsprogrammen leidet Griechenland immer noch unter einer erdrückenden Schuldenlast und somit ist es nicht verwunderlich, dass man in Athen Überlegungen anstellt, den im nächsten Jahr fällig werdenden Kredit i.H.v. 3,7 Mrd. € vorzeitig zu tilgen. Es handelt sich hierbei um Gelder, die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Verfügung gestellt wurden. Insgesamt müssen dem IWF bis 2024 ca. 9,3 Mrd. € zurücküberwiesen werden. Die hierfür zu zahlenden jährlichen Zinsen belaufen sich auf 5%. Und das ist auch der Grund, weshalb sich die griechische Regierung mit der vorzeitigen Rückzahlung beschäftigt.
Denn aktuell rentieren griechische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren bei ca. 2,17% und von zehn Jahren bei ca. 3,30%. Somit könnte die Regierung in Athen mit einer Begebung neuer Anleihen zwar nicht ihren Schuldenberg abbauen, aber sehr wohl ihre Zinszahlungen senken. Die dafür notwendige Genehmigung des Euro-Rettungschirms ESM scheint nur noch Formsache zu sein. Seitens des ESM hält man diesen Schritt sogar für sinnvoll. Lediglich Deutschland und die Niederlande befürchten, dass damit sukzessiv ein Rückzug des IWFs aus der Kontrolle der Wirtschaftsreformen in Griechenland einhergeht.
Dass Griechenland am Kapitalmarkt solche Konditionen für eine Refinanzierung von 5 Jahren angeboten werden, ist allerdings nicht nachvollziehbar. Denn US-amerikanische T-Notes mit Endfälligkeit in 2024 rentieren mit ca. 2,40% und somit sogar 0,23 PP über vergleichbaren griechischen Anleihen. Auch wenn die USA täglich für ihren Schuldenberg ca. 900 Mio. USD an Zinsen zahlen, so ist das kein Grund für eine solche „Ungleichbehandlung“ und ist nur mit einem Ausblenden sämtlicher Risikofaktoren zu erklären. Es gibt für ein solches Verhalten an den Finanzmärkten nur ein Wort: Irrsinn! Die USA haben im Vergleich mit Griechenland eine sehr geringe Schuldenquote, eine funktionierende Wirtschaft und ein Spitzenrating. Und selbst die Europäische Zentralbank ist nicht bereit, griechische Staatsanleihen als Sicherheiten zu akzeptieren!