In USA droht Streit um Schuldenobergrenze
Man erinnere sich nur an den jüngsten US-Wahlkampf, in dem D. T., der Unberechenbare, das Versprechen abgegeben hatte, die Staatsschulden innerhalb von acht Jahren tilgen zu wollen. Danach hatte er erklärt, dass das Land pleitegehen würde, sollte die Schuldengrenze von 21 Billionen USD unter Barack Obama überschritten werden. Inzwischen ist es unter seiner, Donald Trumps Ägide längst soweit. Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten liegt bei der Rekordsumme von 22 Billionen USD und wächst täglich um 4 Mrd. USD. Dies geschieht in den USA in Kombination mit Wirtschaftswachstum, sinkender Arbeitslosigkeit und steigenden Löhnen.
Volatilität dürfte steigen
Und nun nähert sich der 1. März, an dem die Verhandlungen über die Erhöhung der US-Schuldenobergrenze beginnen, auf die sich der Kongress bis spätestens Frühsommer geeinigt haben muss. Angesichts des Streits über den Haushaltskompromiss, wie er zwischen Republikanern und Demokraten ausgefochten wurde, und Trumps Verkünden des nationalen Notstands dürfte das Ringen um die Schuldenobergrenze für neuen Zündstoff im US-Kongress sorgen. Damit kommen auf die Kapitalmärkte neue Unsicherheiten zu, was die Volatilität hochhalten dürfte. Trump wirkt nach seiner Niederlage beim Haushaltskompromiss, der ihm eben nicht die geforderten 5,7 Mrd. USD für seine Mauer zu Mexiko gestattet, immer unberechenbarer, immer entfesselter – sozusagen als „Donald unchained“.
Die Geldpolitik und ihre Folgen
Schon seit vielen Jahren werden Investoren in Europa mit Niedrig- aber auch Negativzinsen konfrontiert. Diese Flucht in den vermeintlich sicheren Hafen ist die Folge schwindenden Vertrauens in die Wirtschaft Japans, aber auch Europas. Rund um den Globus rentieren somit Bonds im Gegenwert von ca. 11 Billionen USD negativ. Das sind zwar immer noch weniger als 2016, aber die Vielzahl ungelöster Probleme hat das Volumen seit Oktober 2018 wieder um über 20% ansteigen lassen. Doch die Negativzinsen belasten in nicht unerheblichen Maße auch die Ertragslage der Banken. Werden in den USA jährlich fast 50 Mrd. USD als Zinsen auf die zu haltende Mindestreserve an die Banken ausgeschüttet, so entrichten aus dem gleichen Grund die Geschäftsbanken der Eurozone ca. 6 Mrd. € an die Europäische Zentralbank (EZB).
Es ist also nicht verwunderlich, dass die US-Banken eine deutlich verbesserte Wertentwicklung vorweisen können als Banken aus der Eurozone. Somit werden die Negativzinsen immer mehr zum Problem für Europa und auch die starke Reglementierung bei der Kreditvergabe macht es den Finanzinstituten nicht leichter, ihre Profitabilität zu steigern. Deshalb besteht die Gefahr, dass die Banken jetzt noch weniger Kredite vergeben als sie das in einer konjunkturellen Schwächephase schon machen würden. Dies ist auch die Einschätzung des EZB-Chefvolkswirt Peter Praet, der die Konjunkturabkühlung im Euroraum als breiter und hartnäckiger als gedacht bezeichnete. Somit kann man davon ausgehen, dass bei der EZB-Sitzung am 7. März die kurzfristigen Projektionen der EZB weiter nach unten revidiert werden. Darüber hinaus dürfte man sich seitens der Notenbanker ernsthaft Gedanken zu neuen Langfristtendern machen. Einerseits möchte man zwar zur Normalität an den Finanzmärkten zurückkehren und diese von der Droge „billiges Geld“ entwöhnen. Andererseits wird ein TLTRO-II-Tender, der im Juni 2020 endfällig wird, zum Hindernis. Denn aufgrund bankregulatorischer Anforderungen wären die Banken bei einer Restlaufzeit von unter einem Jahr gezwungen, ihre Bilanzen zu reduzieren. Das wiederum könnte insbesondere bei italienischen sowie spanischen Instituten zu Verkäufen heimischer Staatsanleihen und entsprechend zu Spreadausweitungen führen. Einem Nebeneffekt, den man vermeiden möchte.
Somit dürfte zumindest in diesem Punkt bei der nächsten EZB-Sitzung für Klarheit gesorgt werden. Mit welchem Volumen man allerdings die Liquiditätsspritze ausstatten wird, ist noch offen. Auch ist aufgrund der Konjunkturschwäche in der Euro-Wirtschaft die Anpassung der Forward Guidance nur eine Frage der Zeit. So erwartet beispielsweise der Volkswirt der Commerzbank, Michael Schubert, dass die Zinsen sogar über den Winter 2019/2020 unverändert bleiben. Darüber hinaus spricht seines Erachtens aktuell nichts mehr für einen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik der EZB. Diese Aussage begründet er mit Orphanides-Regel, die eine Verknüpfung zwischen der Änderung des Leitzinses der EZB mit Abweichungen der einjährigen Inflationsprognose vom Inflationsziel der EZB und Abweichungen der einjährigen Prognose des realen BIP-Wachstums vom Wachstum des Produktionspotentials herstellt. Diese Regel wurde bereits im Jahr 2003 von dem früheren zyprischen EZB-Ratsmitglied Athanasios Orphanides entwickelt und soll die Richtung der Geldpolitik aufzeigen.
Handelsstreit geht in neue Runde
Immerhin, D. T., der Unberechenbare, hat sich zuversichtlich über den Verlauf der Handelsgespräche mit China geäußert. Dennoch weiß man bei Donald Trump nie, was es zu bedeuten hat, wenn er eine Verlängerung der bis Anfang März laufenden Frist in den Raum stellt. „It’s not a magical date“, sagte er. Bevor es immer wieder Gesprächsrunden mit den USA und China im Streit um Handelszölle gegeben hat, verständigten sich der US-Präsident und Chinas Staatschef Xi Jinping zunächst auf eine 90-tägige „Friedenszeit“ bis zum 1. März.
Altmaier: Am besten gleich auf null
Sollte eine Fristverlängerung bei den Gesprächen in Peking und Washington also ein Signal der Entspannung darstellen, kann im Verhältnis zwischen den USA und Europa davon keine Rede sein. Der schwierigste Teil, der kommt erst noch, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier über anstehende, harte Verhandlungsrunden. Bekanntlich hat das US-Handelsministerium einen Prüfbericht an Trump übergeben, der sich damit befasst, inwieweit Autoimporte eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA darstellen. Der Präsident hat nun 90 Tage Zeit, eine Entscheidung über mögliche Zölle zu treffen. Um eine drastische Erhöhung von Zöllen auf importierte Autos abzuwenden, ist die Bundesregierung bereit, die herrschenden, sehr unterschiedlichen Sätze auf ein einheitliches Level zu reduzieren – „am besten gleich auf null“, wie Altmaier sagt. Der Weltkonjunktur, die bereits spürbar unter dem Zoll- und Handelsstreit ächzt, würde es jedenfalls guttun.
Rehn läuft sich warm
Der finnische Notenbankchef Olli Rehn sorgt sich um einen konjunkturellen Abschwung im Euro-Raum. Aus diesem Grund fordert er im „Handelsblatt“, dass Deutschland hier durch mehr Investitionen der Wirtschaft einen Schub geben soll, ebenso Frankreich und Italien. Deutschland, so Rehns Credo, soll zusätzlich in die Digital- und Verkehrsinfrastruktur investieren, Frankreich die Arbeitsmarktreformen fortsetzen und Italien den Arbeitsmarkt und seine Institutionen reformieren.
Rehns Ausführungen zeigen nicht nur, dass sich hier einer um Gesamteuropa sorgt, sondern auch, dass sich hier einer positioniert, und zwar für den Chefposten bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Bekanntlich wird der Finne neben seinem Amtsvorgänger Erkki Liikanen, den Franzosen Benoît Cœuré und François Villeroy de Galhau sowie Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zu den Kandidaten für die Nachfolge von EZB-Präsident Mario Draghi gezählt.
Der Finne pflegt bereits dasselbe Wording wie Draghi
Zumindest was sein Wording angeht, scheint Rehn Draghi in nichts nachzustehen. So sagte er mit Blick auf mögliche neue Langfristkredite (TLTRO) für die Euro-Banken, dass es einer klaren und überzeugenden geldpolitischen Begründung bedürfe – was immer die EZB mit TLTROs mache. Das ist nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit, mit der Rehn nur eins gesagt hat: Die EZB würde sich auch unter seiner Leitung immer alle Türchen offenhalten. So gesehen, würde Rehn für die Nachfolge von Draghi taugen.