Theresas letzte Karte
Ein kühnes Angebot sollte es sein, das Theresa May den Abgeordneten des britischen Unterhauses in Sachen Brexit vorlegen wollte. Ob es das sein wird, muss sich aber noch zeigen. Ein Wagnis ist es allemal. Denn nach ihren Vorstellungen soll das Parlament zuerst ihren Brexit-Gesetzentwurf verabschieden, um anschließend über ein zweites Brexit-Referendum abstimmen zu dürfen. Es ist allerdings nicht verwunderlich, dass sich binnen Kürze in den unterschiedlichen Gruppierungen heftiger Widerstand formierte.
Nachbesserungen zeigen nicht gewünschte Wirkung
Um zumindest einige Labour-Abgeordnete für ihren Plan zu gewinnen, wird May laut „Guardian“ Garantien für Arbeitnehmerrechte und den Umweltschutz mit in ihr Konstrukt einbauen. Außerdem will sie mit „alternativen Arrangements zum Backstopp“ die Blockierer in der eigenen Tory-Partei befriedigen. Doch diese Nachbesserungen zeigen nach ersten Reaktionen immer noch nicht die gewünschte Wirkung. Insbesondere die nordirischen Unionisten kündigten an, abermals gegen Mays Plan stimmen zu wollen. Inzwischen läuft Theresa May sogar Gefahr, die Abstimmung im Parlament absagen zu müssen. Die logische Konsequenz wäre dann allerdings auch das Verkünden ihres Rücktritts, der nach Informationen der „Times“ bereits morgen als letzte Karte ausgespielt werden könnte.
Briten wüssten bei neuem Referendum, für was sie stimmen
Während Labour-Abgeordnete, die Liberaldemokraten, die Mitglieder von Change UK und die schottische Nationalpartei SNP das konkrete Austrittsabkommen der Bevölkerung zur Abstimmung vorlegen wollen, stilisieren dies die Brexiteers unter den Torys zum „Verrat“ an denen hoch, die bereits 2016 für den Austritt gestimmt hatten – ohne im Detail zu wissen, was dies bedeuten würde. Dies wäre bei Mays jetzigem Plan anders. Immerhin wüssten die Briten dann konkret, für oder gegen was sie stimmen.
Wende im Handelsstreit?
Was hat D. T., der Unberechenbare, mit dieser Entscheidung wieder im Sinn? Nachdem die USA Strafzölle gegen die Nachbarstaaten Mexiko und Kanada mit sofortiger Wirkung aufgehoben haben, spekulieren so manche Beobachter schon über eine Wende im Handelsstreit. Auch Mexiko und Kanada hatten ihre Gegenmaßnahmen kassiert. Hinzu kommt, dass Donald Trump die Strafzölle für Stahleinfuhren aus der Türkei inzwischen halbiert und zugleich Privilegien gestrichen hat.
Erneut Vorwürfe gegen deutsche Autoindustrie
Einzig die deutsche und die japanische Autoindustrie befürchten noch, vom Bann der US-Strafzölle getroffen zu werden. Dabei wissen sie auch republikanische Abgeordnete auf ihrer Seite, die wiederholt auf die Investitionen der deutschen und japanischen Hersteller in den USA hingewiesen haben. Man könne entweder Zölle oder Investitionen haben, aber nicht beides, sagte dazu die amerikanische Auto Alliance, eine Handelsgruppe aus internationalen Fahrzeugherstellern. Immerhin hat Trump die Entscheidung über die für die EU und Japan angedrohten Autozölle um sechs Monate verschoben. Es besteht aber trotzdem kein Grund, dies als Indiz für ein Einlenken zu deuten, denn schließlich erhob der Präsident erneut schwere Vorwürfe, insbesondere gegen die deutsche Autoindustrie.
China als „größte Bedrohung“?
Wie die „Financial Times“ berichtete, könnte inzwischen Donald Trump zur späten Einsicht gelangt sein, dass die „größte Bedrohung“ für die USA von China ausgeht. Demnach haben US-Sicherheitsbehörden Unternehmen unter anderem aus dem Hightech-Bereich vor Geschäften mit China gewarnt und insbesondere auf die Gefahren durch Cyber-Attacken und den Diebstahl geistigen Eigentums hingewiesen, die aus den Geschäften mit China entstehen könnten. Laut dem republikanischen Senator Marco Rubio stellen die chinesische Regierung und die kommunistische Partei die „größte langfristige Bedrohung für Wirtschaft und Sicherheit“ der Vereinigten Staaten dar. Sollte sich Trump also aufgrund dieser Einschätzung wieder - analog zu Kanada und Mexiko - an ehemalige, verlässliche Handelspartner aus der EU erinnern oder ist er möglicherweise nur noch nicht bereit für Gespräche mit der EU? Spätestens wenn in einem halben Jahr die aufgeschobene Entscheidung über Autozölle ansteht, weiß man mehr. Aber bereits Ende Juni könnte es beim G20 Treffen zu einem Gespräch zwischen dem US-Präsidenten und Chinas Staatschef Xi Jinping kommen. Man kann nur hoffen, dass beide Seiten an einer Kompromisslösung in diesem Handelsstreit interessiert sind.
Fed sieht sich für alle Fälle gerüstet
Die US-amerikanische Notenbank, die Vollbeschäftigung und stabile Preise fördern soll, hat gemäß den gestern Abend veröffentlichten Protokollen der jüngsten Sitzung nicht vor, an der bisherigen, ruhigen Gangart in naher Zukunft etwas zu ändern. Auch wenn verschiedene Notenbanker der Meinung waren, dass die Inflation sich weiter abschwächen könnte, so gibt es auch eine Gruppe, welche den Rückgang der Teuerungsrate als ein vorübergehendes Phänomen ansieht. Geduld ist also angesagt.
Im Zusammenhang mit dem eskalierenden Zollstreit zwischen China und den USA wurden immer wieder Überlegungen angestellt, einer zu tiefen Inflation mit einer Zinssenkung auf die Sprünge zu helfen. Einer der prominentesten Verfechter dieser Vorgehensweise war der Chef des Fed- Bezirks New York John Williams, der allerdings bei seiner gestrigen Rede etwas moderatere Töne anschlug. Seiner Meinung nach besteht vorerst keinen Bedarf, an der aktuellen Zinspolitik zu rütteln. Sollte sich allerdings die Inflation nicht auf den Zielwert zubewegen, so muss über eine Anpassung der Zinspolitik nachgedacht werden. Jedoch erteilte er den Verfechtern einer baldigen Zinssenkung einen verbalen Dämpfer indem er betonte, dass man weder jetzt noch in naher Zukunft an diesem Punkt angelangt sei.
Europa auf dem Prüfstand
Ab heute wird es spannend, denn die EU-Bevölkerung stimmt in den kommenden vier Tagen über die Zusammensetzung des EU-Parlaments ab. Auch wenn es in Europa nach dem 2. Weltkrieg nicht nur friedlich zuging, so kann man allerdings mit Fug und Recht behaupten, dass 1957 mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und bereits 1951 mit der Montanunion der Grundstein für die längste Friedensphase in Europa gelegt wurde. Noch sind 28 EU-Staaten in dieser Gemeinschaft miteinander verbunden und nach Schließung der Wahllokale am kommenden Sonntag werden wir wissen, ob zukünftig die EU-kritischen Kräfte in Europa das Sagen haben. Denn sicherlich sind nicht alle EU-Bürger begeistert, was das Bürokratie-Monster EU an Richtlinien erlässt, aber um etwas Gewicht auf die Waage gegenüber den USA, Russland und auch China zu bringen, ist ein „Staatenbund“ unabdingbar.
Leider ist es nicht in allen Belangen möglich mit einer Stimme zu sprechen, aber das sollte die Ausnahme bleiben. Unterschiedliche Sichtweisen können jedoch auch förderlich sein, wenn daraus Kompromisslösungen entstehen und diese von allen Staaten anschließend umgesetzt werden. Doch daran muss noch gearbeitet werden, denn u.a. bei der Steuer-, Finanz-, Migrations- und Umweltpolitik sind es oftmals die nationalen Interessen, die den Ton angeben und ein Bild der Uneinigkeit vermitteln. Das ist auch sicherlich der Grund dafür, dass die EU von den USA inzwischen nicht mehr als verlässlicher Partner auf Augenhöhe akzeptiert wird. Und nicht zuletzt die Brexit-Tragödie hat in den USA und auch in Russland die EU als eine schwache, mit internen Problemen beschäftigte Gemeinschaft erscheinen lassen. Obwohl die Briten nicht von Anfang an dabei sein wollten, hat sich nach deren Beitritt schnell die Achse Deutschland-Frankreich-Großbritannien herausgebildet, was als Stabilitätsfaktor nicht zu unterschätzen war. Doch inzwischen hat Großbritannien die Scheidungspapiere eingereicht und trotz der unrühmlichen Verhandlungen sowie diverser parlamentarischen Entscheidungen werden sich sowohl Deutschland als auch Frankreich schon bald mit Wehmut an die gute alte Zeit erinnern.
Aber es gibt durchaus nachvollziehbare Gründe für den Austritt Großbritanniens. So wurde der Verwaltungsapparat in Brüssel und Straßburg immer mehr aufgebläht und verschlingt Unmengen an Geldern. Neben der Überregulierung seitens der EU sind es auch oftmals die fehlende Volksnähe der Abgeordneten des EU-Parlaments sowie der Kommissionsmitglieder, die einen Keil zwischen die Bevölkerung und ihre Vertreter treibt. Man darf also durchaus auf die Höhe der Wahlbeteiligung und die zukünftige politische Ausrichtung gespannt sein, denn diese Abstimmung wird sicherlich viele Protestwähler an die Wahlurnen treiben. Verheerend wäre natürlich, wenn anschließend die EU-Gegner für das Friedenskonzept in Europa verantwortlich zeichnen müssten. Wie Populisten ticken und zu welchen Machenschaften sie bereit sind, davon können inzwischen unsere Nachbarn in Österreich ein Lied singen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen Wahlausgang, den sowohl wir als auch die nachfolgenden Generationen verdient haben.
Athen weicht seinen Sparkurs auf
Droht Griechenland ein Rückfall in die Zeiten ausufernder Schulden und einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung? Nachdem Premierminister Alexis Tsipras ein Paket aus Steuersenkungen und Rentenerhöhungen durchs Parlament brachte, hat zumindest die Ratingagentur Fitch die Regierung in Athen vor dieser Gefahr gewarnt.
Tsipras verteilt Wahlgeschenke
Mit derartigen, 4 Mrd. € teuren Wahlgeschenken will Tsipras die Chancen seines Linksbündnisses Syriza bei der anstehenden Europawahl aufbessern, nachdem sie in Umfragen deutlich hinter die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia zurückgefallen ist. An den Finanzmärkten kommt dies gar nicht gut an. Nachdem die Ratingagentur im Februar die Bonität von Griechenland bei BB- und einem stabilen Ausblick belassen hatte, beklagen deren Analysten nun, dass die Regierung für das Haushaltsjahr 2019 bereits einige Reformen zurückgedreht hat. Darüber hinaus sorgten die nun beschlossenen Wahlgeschenke für eine Verunsicherung über die Umsetzung der finanzpolitischen Ziele.
Gläubiger äußern Bedenken
Ähnlich sieht dies auch Klaus Regling, Chef des Euro-Stabilitätsfonds ESM, der größter Gläubiger des Landes ist. So befürchtet er, dass Griechenland das mit den Gläubigern vereinbarte Ziel eines Primärüberschusses von 3,5% schon in diesem Jahr reißen wird. Unisono äußerten sich auch die OECD, der IWF sowie die EZB, die Bedenken über das Aufweichen des Sparkurses durch den griechischen Premier anmeldeten.